Der Hund, der beste Freund des Menschen? Oder: Was ist Freundschaft, und gibt es echte Freundschaft zwischen Mensch und Hund?
Es kursieren viele Vorstellungen, Allgemeinplätze und Mythen zu Tieren. Ganz besonders zu Hunden, die so eng mit uns zusammenleben.
Genauso gibt es unglaublich verschiedene Sichtweisen, was soziale Beziehungen angeht. Zeit, mal genauer nachzuschauen, was denn da dran ist.
Zur Beantwortung dieser Frage sollte zuerst einmal geklärt sein, was dieses Wort eigentlich bedeutet.
Ich fasse den Begriff folgendermaßen auf: Freundschaft bezeichnet eine soziale Beziehung zwischen zwei oder mehr Personen, die sich auf freiwilliger Basis einander verbunden fühlen.
Hierzu der Soziologe F. Tönnies: Freundschaft ist „am ehesten gegeben durch Gleichheit oder Ähnlichkeit des Berufes oder der Kunst“ (Gemeinschaft und Gesellschaft, Berlin 1926, S. 15). Das heisst, Freundschaft entsteht unter Gleichen, unter Persönlichkeiten, die Erfahrungen oder Fähigkeiten miteinander teilen. Dies bedeutet aber auch, dass der Begriff „Freundschaft“ eine soziale Beziehung unter Gleichberechtigten, „auf Augenhöhe“ bezeichnet.
Freundschaftliche Beziehungen können durchaus Aspekte von gemeinschaftlich orientiertem Verhalten wie es beispielsweise in einer Familie vorkommt, aufweisen. Hier möchte ich unter Anderem erwähnen: Vertrauen, sich aufeinander verlassen können, füreinander einstehen.
Jedoch gibt es auch deutliche Unterschiede zwischen Freundschaften und den Beziehungen, wie sie in einer Familie oder einem Rudel von Caniden sind. Dementsprechend auch in einem Familienrudel, dem sowohl Menschen als auch Hunde angehören.
Zuerst einmal sind Freundschaften gewählt, und zwar frei, von beiden Seiten. Dies ist so weder im Fall einer Familie mit Kindern, noch im Fall von Menschen, die einen Hund halten. Die Erwachsenen entscheiden sich, dies ist aber einseitig! Nur die eine Hälfte dieser Beziehung hat sich aktiv entschieden - weder das Kind, das geboren wird, hat sich vorher dazu entschieden, noch der Hund, den wir zu uns holen.
Auch sind (oder sollten sein) Freundschaften auf „Augenhöhe“ - damit will ich nicht sagen, das es nicht auch sehr unterschiedliche Freundespaare geben kann!
Da, wo jemand für den anderen jedoch die Verantwortung trägt, oder einer vom anderen abhängig ist, mag dies eine sehr wertvolle soziale Beziehung sein, aber von Freundschaft sollte man in solchen Fällen nicht sprechen. Als Beispiel sei hier genannt: Mutter – Kind; Hundehalter – Hund; Lehrer – Schüler
Gerade im familiären Kontext halten wir es für sehr wichtig, dass jedes Mitglied der Gemeinschaft sich seiner sozialen Rolle und der damit einhergehenden Anforderungen bewusst ist und in diese Rollen auch hineingeht. Wenn dies nicht passiert, kann es dazu kommen, dass der Schützling (ob Kind oder Hund oder....) zum einen psychische Defizite und/ oder Verhaltensauffälligkeiten zeigen wird, und zum anderen auch ganz konkret Gefahren auf die Beteiligten zukommen. Der Kinderpsychiater Michael Winterhoff nennt in seinem Buch „Mythos Überforderung“ einige Beispiele, wie Kinder in einem gewissen Alter die Tragweite von Entscheidungen noch nicht überblicken können, und überfordert werden, wenn man ihnen dennoch solche Entscheidungen abverlangt. So kommt ein Kind bei Schneefall mit Sandalen in den Kindergarten...
Ähnlich ist es, wenn ein Hund in der Familie ist: Der Hund kann schliesslich nicht die zivilisierte Menschenwelt in vollem Umfang überblicken, lasse ich als Halter ihn jedoch entscheiden, wird auch er (so wie das Kind sich für die schönen Sandalen entschieden hat) sich entscheiden. Das ist jedoch oft dann nicht im Sinne des Halters...
So ist es an den Erwachsenen, die Verantwortung zu übernehmen, für die Kinder und auch für den Hund.
Verabschieden wir uns von dem Wunsch, ohne Verantwortungsübernahme zu leben, so können alle Mitglieder der Gemeinschaft profitieren. Wir können dann unseren Teil beitragen und dürfen uns getragen fühlen. Dass wir in einer Gemeinschaft, einer Familie, einem Rudel eben unterschiedlich sind und verschiedene Fähigkeiten mitbringen, das macht uns doch erst zu dem, was wir sind.
Was zu sagen bleibt: Mensch und Hund können eine sehr tiefe Verbundenheit, Verbindlichkeit und Verständnis füreinander entwickeln. Freundschaft im üblichen Sinne sollte man es jedoch nicht nennen.